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Das Mahnmal-Projekt des WuV2-Profils

Geschrieben von WuV2 am Dienstag, 21. Juni 2022

Mahnmale sollen Relevanz schaffen, Diskussionen auslösen, Wissen reaktivieren und unterstützen. Mahnmale sollen mahnen. Gedenkarbeit ist immer auch Friedensarbeit.

Wir, das Wirklichkeiten-und-Visionen-Profil von Frau Langenbach, haben uns in diesem Semester nicht nur im Geschichtsunterricht, sondern auch im Fach Kunst mit dem Thema „Erinnerungskultur(en) im 19. Und 20. Jahrhundert“ beschäftigt. Während wir in Geschichte Präsentationen erstellt haben, konnten wir im Kunstunterricht zum gleichen geschichtlichen Kontext ein Mahnmal – mit Modell, Entwurfszeichnung und Reflexion – entwerfen.

Nachdem wir zu Beginn des Semesters Fragen, wie "Was soll ein Denkmal oder Mahnmal können?" beantwortet haben und uns intensiv mit dem "Denkmal für die ermordeten Juden Europas" in Berlin auseinandergesetzt haben, begann nach den Märzferien die selbstständige Projektarbeit.
Entstanden sind schlussendlich verschiedenste und tiefgründige Mahnmale zu Ungerechtigkeiten und Verbrechen aus dem 18. bis in das 21. Jahrhundert in den USA, Vietnam, Deutschland und anderen internationalen Kontexten.

"Deutschland muss leben, und wenn wir sterben müssen" – diese Parole hing in großen Lettern unter einem Denkmal, hier am Gymnasium Altona. Anna Lange hat sich mit der Geschichte unserer Schule, mit dessen Rolle im 20. Jahrhundert beschäftigt. Im Treppenaufgang vor der großen Aula thronte übergroß die "Idealgestalt eines deutschen Jünglings in grenzenloser Opferbereitschaft für das Vaterland". Das Denkmal war eine sichtbare Verkörperung des faschistischen Geists, der schon weit vor der Zeit des NS-Regimes an unserer Schule herrschte, und auch Jahrzehnte nach dessen Ableben auch im Bildungskontext kaum aufgearbeitet wurde. Anna entwarf ein Gegenmahnmal: Ein Mahnmal für freies Denken, kritisches Hinterfragen und das Entfalten von Individualität, welches sich an die Schüler:innen, besonders aber auch an die Lehrer:innen richtet. Ein spiegelndes Band zieht sich durch die gesamte Schule – durch Klassenräume, die Schultoiletten, Flure und die Aula. Das Zentrum des Mahmals befindet sich genau an der Stelle, an welcher Schüler:innen des Gymnasium Altonas bis vor rund 50 Jahren zu dem "idealen, deutschen Jüngling" hinaufblickten. Nun sehen sie sich selbst auf Augenhöhe in einem spiegelnden Rechteck in einem asymmetrischen Körper der nicht aus der Wand heraus, sondern in diese hinein reicht. Eine von Freiheiten geprägte Erziehung zu fördern und aufrechtzuerhalten, diese Intention verfolgt das Mahnmal von Anna Lange.

Mit den "Völkerschauen" im Tierpark Hagenbeck zur Zeit des deutschen Kolonialismus hat sich David Andar aus unserem Profil beschäftigt. Vor etwa 100 Jahren wurden hier nämlich neben Giraffen, Affen und Elefanten auch nicht-weiße Menschen ausgestellt. Vor aufwendig angefertigten Kulissen, die die jeweilige Kultur vermitteln sollte, mussten sich die Menschen "als Schauspieler" positionieren. Um der fast nicht vorhandenen Erinnerungskultur und Aufarbeitungsarbeit Hagenbecks entgegenzuwirken, entwarf David ein Mahnmal. Entstanden ist ein Käfig, in dem sich ein quadratischer Spiegel befindet. Sein Ziel bestand darin, den Betroffenen – ihrer Demütigung und Misshandlungen – zu gedenken. Zudem mahnt der Entwurf vor einer Wiederholung eines derart rassistischen und erniedrigenden Verbrechens. Passant*innen sehen sich selbst im Spiegel hinter den Gitterstäben des Käfigs und empfinden so die Enge und Hilflosigkeit der Gefangenschaft. Das Mahnmal lässt sich auch auf die aktuelle Zeit anwenden: Sollte das Einsperren von Tieren verboten werden? Wenn es falsch ist Menschen einzusperren, sollte es auch falsch sein, Tiere aus ihrem natürlichen Lebensraum zu reißen und einzusperren? Dieses bedrückende Gefühl des Kleinseins schafft Relevanz und regt zur Reflexion an.

Das Mahnmal von Katharina Taschinski trägt den Namen "Die Aufgebrochene Mauer" und symbolisiert die langwierige und konfliktreiche Entwicklung der KZ-Gedenkstätte Neuengamme. 60 Jahre nach der "Befreiung" des Konzentrationslagers Neuengamme wurde im Jahr 2005 die heutige Gedenkstätte eröffnet. 60 Jahre lang kämpften Überlebende, Angehörige und ihre Verbände unermüdlich für eine würdige Gedenk-, Trauer- und Lernstätte am Ort der Verbrechen. 60 Jahre lang kämpften sie gegen eine massive Mauer des Schweigens. Eine Mauer, die konstant versuchte, die Verbrechen der Nazis unsichtbar zu machen. Eine Mauer, aufrecht erhalten von der bundesdeutschen Gesellschaft, die auch noch Jahre nach der NS-Diktatur nazi-durchseucht war, und von den Hamburger Behörden und vom Hamburger Senat. Doch der ausdauernde Einsatz der Überlebenden, Angehörigen und ihrer Verbände reißt Löcher in die Mauer des Schweigens. Die Erinnerung schimmert hindurch. Erinnerung symbolisiert durch Teile der Totenbücher, die die Grundlage der Erinnerungs- und Aufarbeitungsarbeit von Neuengamme waren. Die Totenbücher gehören zu den bedeutendsten historischen Zeugnissen, die vom KZ-Neuengamme erhalten geblieben sind. Sie wurden bei der Räumung des Lagers von einigen mutigen Häftlingen versteckt und wurden so vor der Vernichtung der Nazis bewahrt. Katharinas Mahnmal soll mahnen. Mahnen vor dem Verharmlosen der Verbrechen, dem Verdrängen, vor der Empathie- und Verständnislosigkeit. Mahnen vor dem verhängnisvollen Schweigen.

Siri Fuhrmeister widmet ihren Entwurf dem Völkermord an den Herero und Nama. Die deutsche Kolonialmacht führte einen erbarmungslosen Vernichtungskrieg gegen das Volk des heutigen Namibia. Mit dem Ziel der völligen Auslöschung trieben die deutschen Soldaten die etwa 80.000 Kinder, Männer und Frauen in die Omaheke-Wüste. Dort, der Verelendung ausgesetzt, verhungerten und verdursteten die Menschen auf grausame Art und Weise. Nur 16.000 überlebten und wurden in Konzentrationslager der Deutschen gesperrt, in denen sie Zwangsarbeit verrichten mussten. Für ihr Mahnmal hat Siri die Omaheke-Wüste, den Schauplatz des grausamen Verbrechens gewählt. Auf abstrahierte Art und Weise vermittelt der Entwurf die Gefühle der Hilflosigkeit, Verzweiflung und Gefangenschaft für die Besucher:innen. Teil des Mahnmals ist außerdem ein Museum, welches über den Völkermord der Deutschen an den Herero und Nama aufklären soll. Das Mahnmal empfindet das historische Ereignis nach und es konfrontiert mit den deutschen Kolonialverbrechen.
Alle Ergebnisse werden im 2. Stock unseres Hauptgebäudes in den kommenden Monaten in drei aufeinanderfolgenden Gruppen ausgestellt. Schaut doch mal vorbei!


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